Montag, 12. März 2012

Pulled Pork: Da fliegen die Fetzen

Pulled Pork ist kein Essen, Pulled Pork ist eine Mission. Dabei ist es - wörtlich genommen - einfach nur zerfleddertes Schweinefleisch. Grill-Connaisseure zelebrieren dessen Zubereitung regelrecht. Garzeiten von bis zu 16 Stunden sind ganz normal - und dem Anlass natürlich mehr als angemessen. Kein Wunder, dass das Pulled Pork in seinem Heimatland USA meist den krönenden Abschluss eines kompletten Grilltages darstellt: Während das Schweinchen weichgegrillt wird, haut sich die Familie schon mal hemmungslos Würstchen und Kartoffelsalat rein, damit auch ja jeder pappsatt ist, wenn es an die Gourmet-Grillage geht. Noch unverständlicher ist, dass es komplette You-Tube-Videotheken mit Tutorials zur richtigen Zubereitung von Fledderfleisch gibt - inklusive detaillierter, milligrammgenauer Angabe der Zusammensetzung für den Rub, mit dem die Delikatesse eingerieben wird, bevor sie aufs Feuer kommt, dann stundenlang gegrillt, die Kerntemperatur überwacht und das Fleisch gefeudelt wie ein frischgeschlüpfter Säugling wird. Es sogar verschiedene Arten wie Tennessee-Pulled-Pork mit Fleisch aus verschiedenen Schulterstücken oder im North-Carolina-Style gibt, wo mehr oder weniger das komplette Schwein gegrillt und auseinandergezupft werden kann. Und dann wird das mühsam zubereitete Stück Schwein und mit ihm aller Zubereitungs-Mythos in ein billiges Burger-Brötchen geklatscht und mit in Sahne oder sonstwas Fettreichem, Milchig-Weißen schwimmenden Krautsalat erstickt. Wenn das den Geschmack noch nicht vollkommen getötet hat, spritzt man Fertig-Barbecue-Soße aus der Mega-Flasche vom Discount-Supermarkt um die Ecke drauf. Ein paar E-Nummern können ja nicht schaden.
Ein wenig gnädiger gehen die Mexikaner mit ihren gestückelten Schweinen um, die dortzulande "Cochinita pibil" heißten. Sie kippen Zitrussaft drauf, schlagen die Fleischstücke in ein Bananenblatt ein und rösten sie; die Italiener bereiten ihr knochenloses Schwein mit einer großzügigen Portion Salz, Knoblauch, Rosmarin, Fenchel und Kräuter zu und nennen es "Porchetta". Wahrscheinlich isst man das auch im Brötchen, aber in Italien hat ja sogar schnödes Weißbrot irgendwie Stil.
Wir haben zum Angrillen vor ein paar Tagen trotzdem die US-Variante ausprobiert, ein Essen, auf das man seit dem Morgen wartet, muss ja ein wenig Substanz haben. Das erste Schweinchen wollte sich noch nicht so richtig vom Knochen ziehen lassen, weil es sich nur sechs Stunden auf dem Grill suhlen durfte. Es wurde aufgrund nicht mehr unterdrückbarer Fressgrantigkeit vor allem seitens der weiblichen Gäste kurzerhand in eine Art Steak umgewandelt. Das zweite hat sich toll pullen lassen - allerdings haben wir davon kaum noch was in die prallen Bäuche bekommen lassen, weil da schon sein Vorgänger drinlag. Aber so ein Ferkel schmeckt ja auch zum Frühstück. Sehr gut sogar.

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